Profitiert Deutschland von der Zuwanderung aus Osteuropa?
1,3 Millionen Osteuropäer/-innen arbeiteten 2020 sozialversicherungspflichtig in Deutschland. In der aktuellen Folge des #ZEWPodcasts „Wirtschaft • Forschung • Debatten“ beschreibt Katrin Sommerfeld, tätig für den Forschungsbereich „Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen“, in welchen Berufsgruppen Osteuropäer/-innen überproportional oft arbeiten. Außerdem erklärt sie, wie Deutschland auch in Zukunft von osteuropäischen Arbeitskräften profitieren kann.
Die Beschäftigten aus den EU-8 und EU-2 arbeiten am häufigsten in der Post- und Lagerwirtschaft (170.000 Beschäftigte), in der Fahrzeugführung (107.000) und in der Reinigung (102.000), so das Ergebnis einer im April erschienenen ZEW-Kurzexpertise. Insbesondere in der Lagerwirtschaft sei ein großes Beschäftigungswachstum festzustellen, erklärt Mitautorin Sommerfeld im Podcast. „Die Zahl an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten der EU-8 Länder hat sich hier seit 2011 mehr als versiebenfacht, aus den EU-2 Ländern, Bulgarien und Rumänien, hat sich die Beschäftigung um den Faktor 24 vergrößert“, so Sommerfeld. ** Zügige Anerkennung von ausländischen Qualifikationen und Berufserfahrungen wichtig**
Zudem arbeiten Beschäftigte aus den neuen EU-Ländern oft in Berufsgruppen, welche Fachkräfte-Engpässe aufweisen. 43 Prozent der osteuropäischen Beschäftigten arbeiten in Engpass-Berufen, während es bei den Einheimischen nur rund 32 Prozent sind. „Das ist ein Hinweis darauf, dass sie überproportional in Engpassberufen arbeiten und dementsprechend tendenziell zu einer Entlastung des deutschen Arbeitsmarktes beitragen“, sagt Sommerfeld. Um Personen mittel- und langfristig an den deutschen Arbeitsmarkt zu binden, hält die Ökonomin es für notwendig, Menschen entsprechende Entwicklungsperspektiven zu geben. „Das scheint in Branchen, die geringe Anforderungen haben, eher nicht der Fall zu sein“, mahnt Sommerfeld. Ihr Appell an die Politik: „Man muss darüber nachdenken, wie die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen zügig und gut geregelt werden kann und wie man Berufserfahrungen möglichst gut als Qualifikation ausweisen kann.“
Damit politische Maßnahmen in Zukunft besser evaluiert werden können, sei zudem der Aufbau entsprechender Datenstrukturen erforderlich - um so auch andere Beschäftigungsformen wie Entsendungen oder Selbstständigkeit wissenschaftlich erfassen zu können. „Gerade im Bereich der häuslichen Pflege ist die Datenlage sehr unübersichtlich“, kritisiert Sommerfeld.
Inhalt:
- War die Sorge wegen der Arbeitsmigration berechtigt? [02:10]
- Wie wirkte sich die Zuwanderung auf den Fachkräftemangel aus? [11:06]
- In welchen Branchen sind Zuwander/innen besonders häufig beschäftigt? [15:04]
- Wie lassen sich berufsqualifizierende Abschlüsse anrechnen? [23:50]
Links
- ZEW-Kurzexpertise "18 Jahre EU-Osterweiterung: Wo Osteuropäer/innen in Deutschland arbeiten": https://www.zew.de/presse/pressearchiv/osteuropaeer-innen-entlasten-deutschen-arbeitsmarkt
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