00: 00:00: Das ist neu, dass hier Unternehmen kommen, die nicht nur betriebswirtschaftlich denken, sondern die einen Staat im Rücken haben. Und das manifestiert sich auf verschiedene Arten, aber unter anderem dadurch, dass sie vom Staat subventioniert werden.
00: 00:12: Musik.
00: 00:14: Wirtschaft, Forschung, Debatten. Der Podcast des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung.
00: 00:26: China ist ein wichtiger Handelspartner für Europa, aber die chinesische Wirtschaft folgt anderen Regeln als unsere. Der Staat hat dort wesentlich mehr Einfluss. Viele sehen deshalb in der Konkurrenz aus China eine Gefahr für europäische Unternehmen. Ob China ein wirtschaftlicher Partner oder ein Wettbewerber ist, oder beides, darüber spreche ich jetzt mit ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach. Er beschäftigt sich unter anderem mit Wettbewerbspolitik und mit dem Thema Wettbewerb mit China. Mein Name ist Carola Hesch, herzlich willkommen. Hallo Achim.
00: 00:55: Ja, hallo.
00: 00:56: Was meinst du, ist China eher ein Partner oder ein Wettbewerber für Europa?
00: 01:01: Ja, China ist beides. Es ist unser wichtigster oder mit der wichtigste Wirtschaftspartner, Handelspartner China, sowohl die Exporte als auch die Importe aus China sind in den letzten 20 Jahren sehr stark angestiegen und da kann man schon von einem Partner reden. Wir exportieren nach China, wir importieren aus China, allerdings unsere Unternehmen sind Wettbewerber zu chinesischen Unternehmen, also insofern: Chinesische Unternehmen sind Wettbewerber, China als Volkswirtschaft ist Partner und Wettbewerber zugleich.
00: 01:34: Und hat uns die Konkurrenz aus China Jobs gekostet hier in Deutschland, in Europa?
00: 01:39: Ja das ist eine interessante Frage. Es gibt eine Studie zum China-Schock, aus den USA kommt die Studie, dass natürlich ein Land immer von günstigen Produkten profitiert, aber auf der anderen Seite da, wo dann diese Importsubstitution stattfindet, auch Jobs abgebaut werden. In den USA hat das dazu geführt, dass diese Jobs nicht in anderen Branchen aufgefangen wurden, deswegen gab es diesen Begriff des China-Schocks. Diese Studie wurde auch für Deutschland gemacht, hier sieht man diesen China-Schock nicht. Also das ist wirklich kennzeichnend, wir importieren nicht nur aus China, sondern wir exportieren. Also einzelne Branchen haben auch verloren, aber insgesamt haben wir auch viele Jobs aufgebaut, dadurch, dass wir nach China exportieren. Insofern, wenn man einfach nur die Makro-Zahlen betrachtet, würde man sagen, das steht auf einer sehr soliden Basis, unser Außenhandelsgeschäft mit China.
00: 02:28: Und welche Branchen sind das, die verloren haben?
00: 02:30: Ja da wo die chinesischen Produkte uns sozusagen dann doch Konkurrenz machen, wo wir chinesische Produkte kaufen, im Elektronikbereich ist das sehr stark der Fall, so ursprünglich im Textilbereich ist das sehr stark der Fall, also da, wo sozusagen aus China die Produkte hier nach Europa kommen.
00: 02:48: Könnte eine Lehre aus der Corona-Krise sein, dass wir uns jetzt vielleicht doch weniger auf China verlassen, weniger Produkte von dort beziehen sollten?
00: 02:58: Ökonomisch wäre die Antwort meines Erachtens nicht, die Grenzen enger zu fassen. Also wenn wir jetzt die Krise betrachten, die chinesische Lieferkette, die hat eigentlich funktioniert. Also China war zwar zu Anfang im Lockdown, aber danach hat China weiter produziert, wir haben nach China geliefert, Gespräche geführt mit Zulieferern im Automobilgewerbe, die sagen, ihre Sorgen waren eher noch Italien, dass sie da die Produkte nicht bekommen haben, deswegen ökonomisch ist die Konsequenz eigentlich nicht, aus China sich wegzubewegen, sondern Diversifikation, also den Weltmarkt auch als Weltmarkt zu begreifen und dann halt nicht nur auf China zu setzen, was wir auch nicht machen, aber halt auch die umliegenden Länder sich anzuschauen, auch Südamerika, Nordamerika, da Geschäfte zu machen, also Diversifizierung ist die ökonomische Antwort auf die Krise, nicht, die Grenzen enger zu fassen.
00: 03:53: China scheint ja jetzt auch ziemlich gut aus der Krise zu kommen. Besteht darin vielleicht sogar eine Chance für den Absatz deutscher Produkte?
00: 04:01: Oh ja, also die Modelle, die zeigen schon, dass die Nachfrage aus China uns hilft, leichter aus der Krise zu kommen. Das war eben da nach der Finanzkrise der Fall und das ist jetzt wieder der Fall.
00: 04:11: Trotzdem ist ja das chinesische Wirtschaftsmodell ein anderes, als das, was wir haben. China selbst bezeichnet das als sozialistische Marktwirtshaft mit chinesischen Merkmalen. Was steckt denn da dahinter?
00: 04:24: Das chinesische Wirtschaftsmodell ist schon besonders. Vielleicht eine Anmerkung: Ludwig Erhard ist da nicht unbekannt. Damals, als Deng Xiaoping die Märkte geöffnet hatte, war auch die soziale Marktwirtschaft so eine gewisse Vision. Vielleicht innerhalb Chinas, zumindest außerhalb war das ja auch die Hoffnung, die Erwartung, dass es dazu kommen wird. Wie wir das in den letzten Jahren beobachten, dass eigentlich das Rad wieder so ein bisschen zurückgedreht wird, eine starke Kontrolle und mehr Einfluss des Staates, wir sehen ein starkes Gewicht bei den Staatsunternehmen, die sind teilweise auch fusioniert worden, damit sie mächtiger werden, also so eine Zwischenstruktur zwischen also mit marktwirtschaftlichen Elementen, teilweise ist der Wettbewerb sehr stark in China, das ist aber mit einer sehr starken Staatskontrolle, deswegen dieses besondere chinesische Wirtschaftsmodell, das sozusagen in die klassischen Kategorien nicht reinpasst.
00: 05:21: In China gibt es ja private und staatliche Unternehmen, aber die privaten Unternehmen, die sind auch nicht so privat wie bei uns. Kann man das so sagen?
00: 05:29: Sagen wir so, wenn man die kleinen Unternehmen in China anschaut, die sind schon sehr privat und werden auch so geführt. Allerdings der Staat mischt sich stärker in Unternehmen ein, die Partei ist in Unternehmen präsent und hat da auch Mitsprachemöglichkeiten und die Sorge ist natürlich schon, was passiert im Krisenfalle, wenn da Beschlüsse getroffen werden, wie schnell werden die in die Firmen hineingetragen und da ist doch eine andere Rechtssicherheit da als das jetzt hier im europäischen Raum der Fall ist.,
00: 06:03: Und wie kam es, dass da einiges wieder sich zurückgedreht hat oder mehr Fokus wieder auf die Staatsunternehmen gelegt wurde?
00: 06:11: Das ist jetzt ein bisschen Spekulation. Die Hoffnung war, dass durch den wirtschaftlichen Erfolg dann auch die marktwirtschaftlichen Elemente, die Freiheitsgrade größer werden. Die Partei hat jetzt anders entschieden. Sie dreht das Ruder zurück, auch ein stärkerer Fokus auf die Partei. Ich glaube, der Punkt ist jetzt, dass man sich darauf einstellen muss. Wir müssen damit umgehen, dass wir hier ein Wirtschaftsmodell haben, das die Rolle des Staates viel stärker nimmt, als das in anderen Ländern der Fall ist.
00: 06:40: Wie schlägt sich das in der Praxis zum Beispiel nieder, dass China keine Marktwirtschaft ist?
00: 06:45: Ja ich denke, dass wir mit Unternehmen zu tun haben, die nicht nur sozusagen ihre Unternehmensziele verfolgen, sondern auch Ziele des Staates verfolgen, sei es eine Industriestrategie, das wäre sozusagen das klassische Unternehmen, also in der Unternehmenswelt aufgehangen, aber möglicherweise auch politische oder andere politische Ziele, Sicherheitsziele usw., d.h. wir können die Unternehmen, mit denen konkurriert wird, nicht einfach sagen, die verfolgen eine betriebswirtschaftliche Agenda, sondern sie verfolgen auch eine staatspolitische Agenda und darauf muss sich dann auch unsere Wirtschaftsform, unsere Instrumente, die wir haben, die müssen sich darauf einstellen, dass es halt nicht nur Unternehmen sind, die eventuell Marktmacht haben oder nicht, sondern dass es Unternehmen sind, wo ein Staat im Hintergrund ist.
00: 07:31: Jetzt gibt’s es in China ja auch Initiativen wie die neue Seidenstraße oder Made in China 2025, wie lässt sich so etwas einordnen?
00: 07:41: Für mich passt es in die Kategorie gemischte Signale. Also die neue Seidenstraße ist auch schon der Anspruch Chinas, im Welthandel aktiv zu sein und da gibt es auch gute Impulse. Jetzt braucht man nicht den Zug von Mannheim, der nach China fährt, zu erwähnen, aber er ist auch dabei, das gehört auch zur neuen Seidenstraße hinzu. Der Duisburger Hafen wird ausgebaut, aber auch in Afrika wird viel an Infrastruktur geleistet, hat auch politische Probleme, die das mit sich bringt, aber erstmal ist das wir sind im Welthandel präsent und wollen auch tätig sein und das würde ich sagen, da sind die Win-Wins zu holen, das ist ja der Vorteil des Welthandels. Umgekehrt, Made in China 2025 ist ja der Anspruch, in bestimmten Industriesektoren, also der Anspruch Chinas, in bestimmten Industriesektoren autarker zu werden, die Produktion nach China zu verlagern, ein Land in der Größe ein legitimer Anspruch, allerdings ist das der Blick nach innen, das ist nicht der Blick nach außen. D.h. Technologien nach innen holen, es im eigenen Land herzustellen, da auch Weltmarktführer sein, also gerne exportieren, aber nicht mehr importieren, aus chinesischer Perspektive, also hier sehen wir eher Bestrebungen, die Grenzen enger zu fassen, während die Seidenstraße den Blick nach außen öffnet.
00: 08:52: Und wie passt das dann zusammen?
00: 08:54: Sagen wir mal so, China ist der, gehört zu den drei größten Wirtschaftsräumen und ist nach wie vor stark am wachsen. Das Pro-Kopf-Einkommen in China ist 25% der OECD-Länder, also relativ gering, und selbst wenn sie nur auf die 50% kommen, was ich für einen ganz legitimen Anspruch halte, dann ist der Wirtschaftsraum doppelt so groß, dann ist es der größte Wirtschaftsraum der Welt. Und dass da natürlich auch Bestrebungen da sind, in bestimmten Bereichen die Produktion auch zu Hause zu machen, selber zu machen, ist ein legitimer Anspruch. Aber was China auch sagt, ist, sie müssen sich dem Weltmarkt stellen, ihre Unternehmen sollen im Weltmarkt tätig sein, wie das die amerikanischen Unternehmen machen, wie das die europäischen, insbesondere die deutschen Unternehmen machen, also ein Widerspruch ist es nicht unbedingt, allerdings der Blick auf unsere Unternehmen, das ist schon auch eine Wettbewerbsansage, Made in China 25 heißt, wir wollen nicht nur bei euch kaufen, wir wollen es auch selber machen.
00: 09:53: Jetzt ist es ja so, dass dein Buch, „Digitaler Wohlstand für alle“, gerade ins Chinesische übersetzt wird. Heißt es, man interessiert sich in China trotzdem noch für Ideen, Vorschläge aus dem Westen?
00: 10:06: Oh ja. Auch im Wissenschaftsbereich findet die Kommunikation und auch der Austausch und die gemeinsamen Arbeiten nach wie vor statt. China ist ja auch nur so stark geworden, weil es sich geöffnet hat, also eine starke Bildung und die Öffnung für den Weltmarkt, das sollte man nicht unterschätzen. China ist, was das betrifft, doch ein sehr offenes Land und gerade im Digitalbereich, da stellen sich viele Fragen, wettbewerbspolitische Fragen, die sich auch in China stellen.
00: 10:37: Und erhoffst du dir, dass dann auch Anfragen aus China kommen, wenn Menschen dein Buch gelesen haben?
00: 10:45: Wer will nicht gerne sein Buch in einem Milliardenmarkt verkaufen? Aber ernsthafter, wir haben Partneruniversitäten in Shanghai und Peking, wir sind vertreten auf dem Humboldt-Forum, das in Peking stattfindet, in Shanghai sind wir regelmäßig auf Konferenzen und machen mit der Fudan-Universität einen gemeinsamen Index der Wirtschaft, also sagen wir mal, wir arbeiten doch recht viel auch mit chinesischen Wissenschaftlern zusammen. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass wir versuchen, zu verstehen, wie die Wirtschaft da funktioniert, was sind die Zwänge, die die da haben, wie funktioniert da die Staatswirtschaft. Ich bin ja recht skeptisch, dass die Konzentration auf die Staatsunternehmen eine so gute Idee ist. Ich glaube, dass die mit ihren Staatsunternehmen in ähnliche Probleme reinlaufen wie wir mit unseren Unternehmen, die sehr nah am Staat sind, wo kein Wettbewerb da ist. Da fehlt der Wettbewerbsdruck. Man hat die schützende Hand des Staates im Rücken. Die bisschen Wettbewerber, die konkurrieren auf einmal noch mit dem Staat und nicht nur mit einem Unternehmen, das ist nicht gesund für die Wettbewerbskultur, aber auch für den Wohlstand, der da erzeugt wird. Also insofern ist es finde ich auch sehr wichtig zu sehen, was läuft in China und wie stellen sich chinesische Unternehmen auf, um auch da Schlussfolgerungen für den europäischen Markt zu machen, was sind die Strategien, die sie hier verfolgen, das sind Fragen, die sozusagen wissenschaftliches Interesse generieren, politisches Interesse generieren und da hilft es, mit chinesischen Wissenschaftlern zusammen zu arbeiten.
00: 12:09: Das ZEW forscht ja auch zu China. Was sind denn da spannende Ergebnisse?
00: 12:15: Wir haben uns angeschaut, z.B. wie sich unsere Unternehmen positionieren, die von chinesischen Unternehmen gekauft werden. Ändert sich da was, treten die anders auf und ich würde sagen, in vielen Bereichen ändert sich nichts, aber eins ändert sich, die haben jetzt den chinesischen Markt im Rücken, also einen größeren Markt, in dem sie agieren können, das ist sozusagen der positive Effekt. Wir sehen auch, dass Patente stärker genutzt werden in diesen Unternehmen, also man sieht schon Auswirkungen, aber jetzt nicht die Sorge, dass jetzt, das haben wir zumindest bisher noch nicht beobachtet, dass jetzt hier die Unternehmen geschlossen werden, das ganze Wissen wird nach China verlagert und hier wird einfach nur Wissen rausgekauft. Das ist so nicht zu beobachten.
00: 12:59: Also ist der Alarmismus in der Hinsicht übertrieben.
00: 13:02: Ja, also Alarmismus ist übertrieben, aber sozusagen Wachsamkeit ist nach wie vor gefordert. Wir müssen uns fehlt eine klare China-Strategie, was sind strategische Interessen, die wir haben, wir haben ja auch eine Investitionskontrolle, unsere Regierung kann sich, wenn ein chinesischer Käufer ein deutsches Unternehmen kauft, anschauen, in welchen Sektoren ist das Unternehmen tätig, ist das Wissen, das wir hier brauchen und das ist gut, dass die Regierung das kann, das ist ja jetzt auch verschärft worden, diese Regel, die wir da haben. Deswegen, die Kontrolle muss sein und in manchen Bereichen ist es vielleicht auch sinnvoll, dass man dann sagt, das soll nicht verkauft werden, das Unternehmen, aber genau, Alarmismus brauchen wir hier nicht.
00: 13:43: Wie könnte so eine China-Strategie aussehen?
00: 13:45: Ja China-Strategie ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen, der Begriff. Die Frage ist, bei welchen Unternehmen greift die Investitionskontrolle und bei welchen nicht. Ich glaube, hier müssen wir noch mehr Erfahrungen sammeln. Ich würde mir auch wünschen, dass wir hier einen klareren wirtschaftlichen Blick drauf werfen, also es sind zwar Sicherheitsfragen, aber wie wirkt die Lieferkette, wie ist die Wertschöpfungskette, wie verletzlich sind wir in diesem Bereich, das sind auch wirtschaftliche Fragen. Wenn ein chinesisches Unternehmen eine Zuglinie im Duisburger Hafen übernimmt, dann ist das vielleicht weniger kritisch, als wenn es sich im Telekommunikationssektor betätigt, der sozusagen viel schneller, viel massiver in unser Wirtschaftsleben eingreift. Diese Aspekte sind Sicherheitsaspekte, sicherheitspolitische Aspekte, aber auch wirtschaftliche Aspekte, insofern sollte hier auch das wirtschaftliche Wissen da sein. Ich glaube, zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht klar in Deutschland, wo greift die Investitionskontrolle und wo greift sie nicht.
00: 14:41: Und vor diesem Hintergrund, dass die Gemengelage ja doch noch unübersichtlich ist, muss die Politik in Deutschland und Europa aktiver werden und den Wettbewerb mit China strenger regulieren?
00: 14:53: Ich trenne da gerne zwischen den zwei Aspekten, das eine sind die Sicherheitsaspekte, die haben wir gerade angesprochen, das andere sind die wirtschaftlichen Aspekte. Bei den wirtschaftlichen Aspekten ist die Frage, hier kommen Wettbewerber aus China, es kommen auch Wettbewerber aus Japan, aus den USA, was ist neu und wenn etwas neu ist, wie stellen wir uns darauf ein. Und was ist neu? Auch das haben wir eben andiskutiert, dass hier Unternehmen kommen, die nicht nur betriebswirtschaftlich denken, sondern die einen Staat im Rücken haben. Und das manifestiert sich auf verschiedene Arten, aber unter anderem dadurch, dass sie vom Staat subventioniert werden, dass sie die Pockets haben, sagen wir, dass sie also viel Kapital zur Verfügung haben. Das wird auch bereits jetzt berücksichtigt, also wenn Unternehmen in der Fusionskontrolle kontrolliert werden oder wenn Unternehmen in der Missbrauchskontrolle kontrolliert werden, wird sich angeschaut, wie ist denn die Kapitalstruktur. Aber, und das ist ein Europa-spezifisches Thema, wir haben in Europa die Beihilfekontrolle, bei der wir sagen, Staaten dürfen unsere Unternehmen nicht subventionieren oder nur bei bestimmten Ausnahmen, damit ein fairer Wettbewerb herrscht, dass nicht die Unternehmen alle zum Staat laufen und sagen, wir brauchen Unterstützung, damit ich gegen die französischen, gegen die italienischen Unternehmen mithalten kann, sondern hier herrscht fairer Wettbewerb. Und jetzt kommt aber ein Land von außen und sagt, wir subventionieren aber unsere Unternehmen und um da sozusagen auf eine faire Wettbewerbsbasis zu kommen, ist der Vorschlag der Monopolkommission, dass man auch da sagt, also wenn ihr in Europa tätig sein wollt, dann aber bitte zu denselben Regeln, sprich ohne staatliche Subventionen.
00: 16:24: Was auch für alle europäischen Unternehmen ja schon gilt.
00: 16:27: Also es gilt für die europäischen Staaten. Also als europäisches Unternehmen darf ich auch heute schon Subventionen aus China bekommen. Nicht so wahrscheinlich, dass ich das bekomme, diese Subventionen, ein chinesisches Unternehmen kriegt sie eher, diese Subventionen, deswegen ist es eher eine Regel, die am Staat ansetzt und nicht an den Unternehmen, allerdings haben wir natürlich in Europa keinen Zugriff auf den chinesischen Staat. Das ist ein autonomer Staat, aber die chinesischen Unternehmen, die in Europa tätig sind, die müssen unsere Regeln einhalten wie alle anderen Unternehmen auch, und deswegen ist es eine Regel, die sagt, jedes Unternehmen in Europa, egal ob chinesisch oder europäisch, das Subventionen von einem Drittstaat bekommt, also außerhalb der EU, wo das Beihilferecht nicht gilt, muss diese Subventionen anmelden.
00: 17:11: Und wie kann sich die deutsche Ratspräsidentschaft da einbringen?
00: 17:15: Ja das ist ein aktuelles Thema, diese Subventionen. Die EU-Kommission hat dazu auch ein Weißbuch vorgelegt mit verschiedenen Instrumenten. Das eine ist der Wettbewerb, dass der sozusagen fair stattfindet, dann ist es aber auch so, dass, wenn ein chinesisches Unternehmen ein europäisches Unternehmen kauft, kann es das natürlich auch mit diesen Subventionen kaufen, also sprich nicht betriebswirtschaftlich, sondern weil da ein Staat dahinter steht, das soll auch miterfasst werden. Mit unserem Instrument, dem Drittlandsbeihilfeinstrument, wäre das automatisch erfasst, die europäische Kommission überlegt an ein eigenes Instrument. Das dritte sind öffentliche Ausschreibungen. Also wenn öffentliche Ausschreibungen stattfinden, also sprich der Staat was kauft in Europa, der deutsche Staat, der italienische Staat, der französische Staat, dann könnten sich natürlich auch chinesische Unternehmen subventioniert drauf bewerben und insofern hätten dann einen Startvorteil, der nicht fair wäre. Vielleicht eine Randbemerkung, man kann ja sagen, wir sollten doch eigentlich uns freuen, wenn der chinesische Staat seine Unternehmen subventioniert, dass die uns billige Produkte verkaufen, das ist ja der chinesische Steuerzahler, der zahlt und da sollten wir eigentlich sagen Dankeschön, lieber Steuerzahler, also chinesischer, dass du für unsere günstigen Produkte zahlst. Allerdings hat das natürlich langfristig schon Probleme für unsere europäischen Unternehmen, sei es der langfristige Aufbau von Marktmacht, sei es, dass sich Unternehmen aus Forschung und Entwicklung zurückziehen, weil sie sagen, gegen die Unternehmen haben wir sowieso keine Chance und deswegen ist es langfristig schon sinnvoll, wenn hier gleiche Startbedingungen herrschen.
00: 18:43: Jetzt hätte im Herbst ja auch der EU-China-Gipfel stattfinden sollen, der wegen der Corona-Krise abgesagt wurde. Und da hätte auch ein Investitionsabkommen geschlossen werden sollen. Warum ist das so wichtig?
00: 18:58: Ja das ist der zweite Baustein, also der eine Baustein ist, was sind die Regeln hier und da gelten dann übrigens auch die Regeln des Hauswirtschaftsrechts, also Anti-Dumping-, Anti-Subventionsverfahren, die wir ja bereits haben, also wenn chinesische Unternehmen Produkte hierhin verkaufen nach Europa, das andere sind aber die Regeln in China und auch da beschweren sich die Unternehmen, dass es immer schwieriger wird, da auch die Sorge ansteigt, dass es da zu Eingriffen kommt und da hilft so ein Investitionsabkommen, das also für sozusagen viel fairere Regeln in China sorgt, das Drittlandsbeihilfeinstrument würde für fairere Regeln in Europa sorgen.
00: 19:34: Jetzt ist es ja so, dass trotzdem schon viele Unternehmen in China sind. Warum zieht es sie da trotzdem schon hin, obwohl es noch, obwohl es so schwierig ist und die Regeln nicht unbedingt fair sind?
00: 19:45: Sagen wir mal so, ich weiß kein Land, wo die Regeln nur fair sind. Wenn eine Regierung neue Regeln erlässt, dann trifft das auch die Unternehmen und weiß nicht, bei uns im Energiebereich haben Unternehmen auch gelitten unter den Gesetzen, so ist es nun mal. Ein Volk ist autonom, der Gesetzgeber darf auch Regeln erlassen und das trifft auch mal die Unternehmen. Insofern muss man es auch so ein bisschen in Relation sehen. Wir fahren, unsere Unternehmen fahren sehr gut mit China, wir sind, also es ist ein wichtiger Handelspartner für uns, unsere Unternehmen sind da sehr gut positioniert. Nichtsdestotrotz, je klarer die Regeln sind, je mehr Rechtssicherheit herrscht, umso besser nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Investitionen in China. Lohnt es sich da zu investieren, wenn man Sorge haben muss, dass dann in drei Jahren doch der Statt mit Regeln diese Investitionen wieder sozusagen zunichtemacht? Dann fange ich gar nicht erst an zu investieren. Also diese Regeln sind ja nicht nur dafür da, dass wir unseren Unternehmen helfen, sondern sie sind eigentlich dafür da, dass das, was sinnvoll ist, Investitionen im Land auch getätigt werden. Also insofern würde ich das Investitionsabkommen, das ist ein Win-Win, das ist nicht wir setzen Regeln, die da sozusagen den Chinesen vorgesetzt werden oder umgekehrt, sondern das ist ein Abkommen, das eigentlich für alle von Vorteil ist, deswegen wäre es schon schön, wenn dieses Abkommen auch sozusagen den nächsten Schritt machen würde und dann auch abgeschlossen werden würde. Das würde den Unternehmen sehr helfen, aber wie gesagt auch zu mehr Investitionen führen und dadurch auch in China einen Beitrag zur Wertschöpfung leisten.
00: 21:16: Das ist interessant, dass China also auch daran ein Interesse hat. Gleichzeitig gibt es ja noch den Klimawandel und wenn China jetzt immer weiter wächst und auch mit uns Handel treibt, besteht da nicht Gefahr, dass der Kohleausstieg aus dem Sichtfeld gerät, dass China jetzt neue Kohlekraftwerke baut und der Klimaschutz darunter leidet?
00: 21:44: China ist der größte Verursacher von CO2-Emissionen, China wächst und wird noch mehr verursachen, hat gerade angekündigt, dass sozusagen der Peak vor 2030 vermutlich nicht erreicht wird, aber 2030 soll der Peak erreicht werden und dann gehen die Emissionen zurück, das ist zumindest der Plan, den sie haben. Insofern ist das ein Thema, ich glaube aber, dass wir gerade im Umweltbereich auch viele gemeinsame Interessen haben. Neulich hatten wir Besuch hier aus der chinesischen Botschaft, da haben wir lange über die Klimapolitik gesprochen. Die erwähnten, dass sie den Kohlekompromiss in Deutschland übersetzt haben ins Chinesische, weil sie natürlich auch früher oder später vor der Frage stehen, wie gehen sie raus aus der Kohle. Im Moment sehen wir diese Kohlerenaissance, wir sehen neue Kohlekraftwerke. China braucht die Energie und Kohle ist nun mal die Ressource, die sie da haben, aber ich glaube, das wird die gemeinsame Aufgabe sein. Kriegen wir die Technologien so hin, dass es sozusagen ein relevanter Wettbewerber zu Kohle ist, dass sie ihr Wachstum behalten oder vielleicht nur verlangsamen, aber sozusagen auch den Wohlstand generieren und CO2-Emissionen, weniger CO2-Emissionen ausstoßen, also das wird die große Aufgabe sein. Ich glaube, also, anders gesagt, der Anteil, den Deutschland daran hat an China durch unseren Handel, der ist da sehr gering, da setze ich eher darauf, dass wir gemeinsam neue Technologien entwickeln, dass das für beide Seiten von Vorteil ist und auch für das Klima auch von Vorteil ist.
00: 23:18: Also kann China auf dem Gebiet des Kohleausstiegs auch ein Partner sein. die können dann nicht einfach ihr Unternehmen nächstes Jahr nochmal neu gründen.
00: 23:23: Also jedes Land muss seine eigenen Hausaufgaben machen und wir haben glaube ich mit unserem eigenen Kohleausstieg genug zu tun. Ich weiß auch nicht, ob die Art und Weise, wie wir aus der Kohle aussteigen, ob das wirklich eine Vorbildrolle für China ist. Da gibt es auch Zweifel. Großbritannien hat es geschafft ohne Kommissionen, indem sie CO2-Preise eingesetzt haben. Wenn ich den Chinesen was empfehlen würde, würde ich ihnen CO2-Preise empfehlen, um diesen Weg zu gehen, aber klar, die Länder, die in diesem Aufholprozess sind, und da zähle ich China ganz klar dazu, aber auch Indien und andere Länder, die schauen sich schon auch an, was geschieht denn in den westlichen Ländern, wie gehen die mit dem Klimawandel um und was können wir davon übernehmen, was können wir nicht übernehmen, was ist sinnvoll, was ist weniger sinnvoll, also da haben wir schon auch eine Rolle in dem Sinne, dass man sich daran orientiert, was hier gemacht wird.
00: 24:16: Und am Ende vielleicht noch der Blick in die Glaskugel. Wenn wir China jetzt anschauen und sehen, da kommen gemischte Signale, da ist ein großes Wachstumspotential, worauf sollten wir uns perspektivisch einstellen?
00: 24:28: China wird weiter wachsen, das ist relativ klar. China ist der größte Markt. Wir als Exportnation sollten ein großes Interesse daran haben, da dabei zu sein, in diesem Markt mit tätig zu sein, da ist auch eine hohe Wertschätzung für deutsche Produkte, das sollten wir nutzen. Wir werden höchstwahrscheinlich noch mehr staatliche Interventionen sehen, das sind im Moment die Signale, die aus China kommen. Insofern Bestrebungen für ein Investitionsabkommen und in einem zweiten Schritt auch ein Wirtschaftsabkommen, ein Handelsabkommen mit China wäre sinnvoll, auch wenn es ein dickes Brett ist, was da bearbeitet wird. Umgekehrt, für unsere Unternehmen, der chinesische Wettbewerber, also sprich die chinesischen Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, die sind auch da und werden auch immer besser, gutes Bildungssystem in manchen Bereichen. Insofern, auf den Wettbewerb muss man sich auch einstellen und ich glaube als Gesetzgeber ist es wichtig, dass man Regeln schafft, die fair, transparent sind, die nicht den Wettbewerb blockieren, weil Wettbewerb ist das, was uns so weit gebracht hat, aber unfairen Wettbewerb, sozusagen gegen den unfairen Wettbewerb vorgehen und dann sind wir eigentlich ganz gut aufgestellt.
00: 25:42: Vielen Dank für diese Einschätzung und für das Interview.
00: 25:44: Sehr gerne.
00: 25:46: Musik.
00: 25:47: Wirtschaft, Forschung, Debatten. Der Podcast des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung.