Wirtschaft · Forschung · Debatten

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00: 00:00: Derzeit ist Deutschland eine einzige Bietzone. Es wird behandelt wie eine Kupferplatte, also als ob Strom, egal wo er erzeugt wird, egal wo er nachgefragt wird, immer auch geliefert werden kann.

00: 00:19: Wirtschaft, Forschung, Debatten. Ein ZEW Podcast.

00: Seit Juli zahlen Stromkunden keine EEG-Umlage mehr. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird aber weiter gefördert und zwar aus Bundesmitteln. Denn Deutschland braucht noch viel mehr Strom aus Sonne, Wind und Wasserkraft, um seine Klimaziele zu erreichen. Es kommt aber nicht nur darauf an, dass genügend Strom produziert wird. Entscheidend ist auch, dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung steht. Erneuerbare Stromquellen hängen nämlich von der Umwelt ab. Das schafft neue Herausforderungen für den Transport von und den Handel mit Strom. Mein Name ist Carola Hesch und in dieser Folge des ZEW-Podcast geht es darum, wie der Strommarkt fit für die Energiewende wird. Zu Gast ist dazu Marktdesignerin und Auktionsspezialistin Marion Ott. Wir sprechen darüber, wie Angebot und Nachfrage an Strom aktuell zusammenkommen und welche alternativen Möglichkeiten es gibt. Außerdem blicken wir darauf, wie der Ausbau der Erneuerbaren gelingen kann. Herzlich willkommen zum ZEW Podcast. Hallo Marion.

00: 01:23: Hallo!

00: 01:25: Schön, dass du da bist. Verrätst du mir, was heute schon so auf der To-do-Liste stand?

00: 01:30: Heute hatten wir unser wöchentliches Marktdesigner-Treffen und ich hatte einen Vortrag vorbereitet, an dem ich morgen über die Förderung der Erneuerbaren in Paris sprechen werde. Und ich habe mich auf den Podcast vorbereitet.

00: 01:43: Das heißt, morgen bist du schon in Paris?

00: 01:46: Ja.

00: 01:46: Dann gute Reise schon mal.

00: 01:48: Danke schön.

00: 01:49: Wir sprechen jetzt auch heute unter anderem über die Förderung von Erneuerbaren und auch über den Strommarkt. Inwiefern betrifft der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen denn überhaupt den Handel mit Strom?

00: 02:02: Es gibt einige Wege, auf denen das einen Einfluss nimmt. Bei Strom ist es eben so, dass Angebot und Nachfrage sich immer entsprechen müssen. An jedem Ort, im Netz, zu jeder Zeit. Davon kann es keine Abweichungen geben. Und früher hatten wir die großen Kraftwerke in der Nähe der großen Verbraucher. Die waren teilweise für die Grundlast zuständig und teilweise leichter steuerbar, je nach Nachfrage. Und das Angebot hat sich immer an die Nachfrage angepasst. Die Erneuerbaren werden jetzt tendenziell eher dort gebaut, wo die Ressourcen besser sind, also Wind insbesondere an der Küste oder auf See und tendenziell ist das teilweise weiter weg von den Verbrauchern, als es früher bei den großen Kraftwerken der Fall war. Deswegen müssen wir mehr Strom durch die Netze transportieren und das belastet die Netze. Zudem sind Sonnen und Windenergie schlecht steuerbar, das heißt, man kann zwar sie beeinflussen, dass sie weniger produzieren als möglich wäre, aber wenn eben nachts keine Sonne scheint, können wir nachts keine Solarenergie erzeugen. Und wenn wenig Wind weht, können wir auch nicht viel Windenergie erzeugen. Das erschwert diese Anpassung an die Nachfrage, die früher einfacher möglich war. Und wenn wir jetzt umsteigen von Kohle und Kernenergie auf Erneuerbare, dann erfordert es einen Netzausbau. Wir brauchen Speicher und Verhaltensänderungen und Flexibilität auf der Nachfragerseite und die Energiemärkte müssen wir auf diese Änderungen ausrichten.

00: 03:36: Diese Energiemärkte, wie kann man sich denn die vorstellen? Also wer genau sind also die Anbieter und Nachfrager und wie ergibt sich dann der Preis?

00: 03:46: Wird auf ganz verschiedene Art und Weisen gehandelt. Anbieter sind die ganzen Erzeuger mit verschiedenen Kraftwerken, Nachfrager private Haushalte, industrielle Nachfrage und für den Strom Großhandel gibt es langfristige Verträge. Und dann wird aber auch am Tag vor dem Liefertermin ein Day-Ahead-Markt durchgeführt. Das ist eine Auktion am Vortag der Lieferung, bei der für jede Stunde des nächsten Tages Angebot und Nachfrage aufeinander abgestimmt werden. Und je nach Durchführbarkeit dieses Handels sind dann eventuell Redispatch-Maßnahmen notwendig. Das heißt, an diesem Day-Ahead-Markt wird für Deutschland zu einem einheitlichen Preis Strom gehandelt, egal an welchem Ort er erzeugt wird, egal an welchem Ort er nachgefragt wird. Und es kann sein, dass dieser Dispatch diese Entscheidungen, wer liefert und wer Strom bekommt aufgrund der Netzrestriktionen nicht durchführbar ist. Und dann muss über diesen Redispatch eben teilweise Anlagen hochgefahren werden und an anderen Stellen heruntergefahren werden, damit relativ zu diesem am Day-Ahead-Markt erstellten Plan eine durchführbare Allokation erhalten.

00: 05:06: Also es kann sein, dass das, was eigentlich gehandelt würde, nicht möglich ist, weil die Netze das nicht hergeben?

00: 05:13: Genau. Also wenn zum Beispiel wir sehr viel Windenergie aus Norddeutschland haben und eine sehr große Nachfrage zum Beispiel von den industriellen Nachfragern im Süden und die Stromnetzkapazität von Nord nach Süd nicht ausreicht, um diesen Strom zu transportieren, dann kann es sein, dass wir eben Windanlagen im Norden nicht nutzen können, die eigentlich einen Zuschlag erhalten haben und entschädigen müssen dafür, dass sie dann diesen Strom nicht liefern dürfen. Und um den Strom dann auch im Süden zur Verfügung stehen zu haben, müssen im Süden Kraftwerke aktiviert werden, die eigentlich keinen Zuschlag hatten. Das sind dann häufig fossile Kraftwerke.

00: 05:52: Das heißt, der Preis wird dann höher, als er sonst gewesen wäre, wenn man die Windenergie hätte transportieren können?

00: 06:00: Die Windenergieanlagen, die dann nicht gebraucht werden, werden so gestellt, dass sie diesen Gewinn, den sie gemacht hätten aus der Lieferung, auch haben, wenn sie jetzt nicht liefern. Und die Anlagen im Süden, die eigentlich gar keinen Zuschlag erhalten haben, werden eben entsprechend ihrer Kosten dafür entlohnt, dass sie jetzt doch Strom liefern.

00: 06:20: Und das bezeichnet man dann als Redispatch?

00: 06:23: Genau. Und diese Kosten für einen Redispatch sind in den letzten Jahren eben sehr stark angestiegen, weil eben sehr häufig diese Maßnahmen einsetzen mussten, um in durchführbare Allokation zu bekommen.

00: 06:37: Was kann man dagegen machen oder wird dagegen etwas unternommen?

00: 06:40: Das wird geprüft, ob man Deutschland nicht auf mehr als eine Bietzone aufteilen sollte. Derzeit ist Deutschland eine einzige Bietzone. Es wird behandelt wie eine Kupferplatte, also als ob, wie ich schon gesagt hatte, Strom egal wo er erzeugt wird, egal wo er nachgefragt wird, immer auch geliefert werden kann, weil dieser Transport durchs Stromnetz wird bei der Preisbildung und beim Zuschlag überhaupt nicht berücksichtigt. Wir haben aber sehr oft eben diese Situation, dass wir zu viel Angebot im Norden und zu viel Nachfrage im Süden haben. Und dann brauchen wir eben diese Redispatch-Maßnahmen, von denen wir eben gesprochen hatten. In Europa wird derzeit eine Bidding-Zone Review durchgeführt. Die Idee ist, dass wir neue Bietzonen vordefinieren, die sich an diesen strukturellen Engpässen im Übertragungsnetz orientieren sollen. In dem, was eben gerade derzeit geprüft wird, könnte Deutschland auf mehrere Zonen aufgeteilt werden. In der Diskussion sind zwei Varianten für eine Nord- und eine Südzone und auch Aufteilungen auf drei oder sogar vier Bietzonen. Und durch diese Aufteilung auf mehrere Bietzonen soll die wirtschaftliche Effizienz erhöht werden. Also die Engpässe zwischen den Bietzonen werden beim Zuschlag berücksichtigt. Im Fall von Engpässen zwischen Bietzonen würden sich dann die Preise zwischen den Bietzonen unterscheiden, gemäß Angebot und Nachfrage vor und hinter dem Engpass. Und der Redispatch zwischen den Bietzonen wäre dann nicht mehr oder nur selten nötig.

00: 08:18: Würde das denn bedeuten, dass man zum Beispiel, wenn es jetzt zwei Zonen gäbe, Nord und Süd, dass dann im Süden die Preise höher werden?

00: 08:26: Das wäre voraussichtlich der Fall. Eben immer dann, wenn wir jetzt Redispatch-Maßnahmen durchführen müssen, wäre in so einem System dann der Preis im Süden höher als im Norden.

00: 08:36: Das könnte ja dann aber auch Anreize setzen, dass vielleicht mehr Industrie im Norden sich ansiedelt.

00: 08:42: Es kann Anreize setzen, dass sich mehr Industrie im Norden ansiedelt, dass sich die Nachfrage an das Angebot anpasst. Es kann sein, dass sich mehr Anbieter im Süden ansiedeln, also mehr Windkraft im Süden gebaut wird. Und es kann sein, dass das Netz ausgebaut wird, sodass die Engpässe verschwinden und der Preis wieder einheitlich wird.

00: 09:02: In den USA gibt es ja noch mal ein anderes System, die sogenannten Knotenpreise. Wie funktioniert das?

00: 09:10: Das Knotenpreissystem oder System mit lokalen Grenzpreisen. Das ist ein System, bei dem an einem Markt, zum Beispiel am Day-Ahead-Market die Netzkapazitäten für den Stromtransport von vornherein berücksichtigt werden. Und das Marktergebnis ist deshalb auch immer durchführbar. Man braucht keinen Redispatch mehr, man sammelt die Gebote ein, kennt Angebot und Nachfrage und weiß auch, an welchen Stellen im Netz dieses Angebot und diese Nachfrage existiert. Und man kennt die Netzkapazitäten und findet dann eben eine kostenminimale durchführbare Allokation. In dem System ist es möglich, dass wir in der Preisbildung dann mehr als eine Preiszone haben. Das hängt von Angebot, Nachfrage und Netzkapazität in dieser betrachteten Markt-Zeiteinheit eben ab. Wenn sich bei der Allokation ein Engpass ergibt, dann trennt dieser Engpass die Regionen, die er verbindet, in unterschiedliche Preiszonen auf. Langfristig, wie wir vorhin schon bei den Bietzonen besprochen haben, ergibt es eben Anreize, wenn es wirklich systematische Engpässe gibt, was in Deutschland typischerweise zwischen Nord und Süddeutschland wäre, dass eben investiert werden würde in Erzeugung im Süden oder Nachfrage im Norden sich anpassen würde oder die Netzkapazität ausgebaut werden würde. Es ist im Vergleich zu der Aufteilung Deutschlands in verschiedene Zonen aber ein flexiblerer Ansatz, weil sich die Preisunterschiede zwischen den Regionen von selbst ergeben. Auch die Regionen, in die sich Deutschland aufteilen würde, würde sich implizit ergeben und kann sich auch von Stunde zu Stunde, Tag zu Tag ändern.

00: 11:10: Das klingt ja sehr effizient und nützlich. Ist das dann auch eine Alternative für Deutschland und Europa?

00: 11:19: Wir halten es für eine Alternative und auch für eine gute Alternative für Deutschland und Europa. Politisch scheint es eher schwerer durchsetzbar zu sein, weil eben in manchen Regionen dann die Preise höher wären, zumindest vorübergehend, voraussichtlich. In den USA ist es so, dass sich in den Gebieten, in denen das angewendet wird, häufig die Preisunterschiede nicht sonderlich groß sind bzw. nicht in vielen Stunden des Tages auftreten.

00: 11:50: Jetzt geht es in Europa außerdem noch darum, den Redispatch anders zu organisieren, weg von einer kostenbasierten Entlohnung, hin zu einem marktbasierten Redispatch. Was wäre denn das?

00: 12:03: Beim marktbasierten Redispatch werden, wenn man feststellt, dass Redispatch-Maßnahmen notwendig sind, in der Region, in der zu wenig Erzeugungskapazität bezuschlagt ist, ein Redispatch-Markt durchgeführt, um weitere Anlagen zu aktivieren und in der Region, in der zu viele Anlagen einen Zuschlag erhalten haben, wird ein Redispatch-Markt durchgeführt, um deren Energie zurückzukaufen und Anlagen, die eigentlich einen Zuschlag haben, wieder aus dem Markt zu nehmen. Das wird auf europäischer Ebene favorisiert. Das kann langfristig aber auch notwendig werden, wenn wir auch mehr die Nachfrager in den Strommarkt einbinden wollen, dass die flexibler reagiert, weil da die Kosten weniger bekannt sind und die derzeitige Methode, dass man davon ausgeht, dass man die Kosten von Erzeugern kennt und die eben auf Basis ihrer Kosten entlohnt, dann nicht mehr durchführbar ist, sodass man auf einen Markt mit Geboten umsteigen müsste. Das kann dann eben notwendig werden. Wenn man sich diese Organisation über den marktbasierten Redispatch anschaut, sieht man allerdings, dass es hier Anreize zu strategischem Verhalten gibt. Das wird in Inc-Dec Gaming genannt, wozu wir auch aktuell ein Forschungsprojekt durchführen.

00: 13:25: Was bedeutet das?

00: 13:27: Wir haben ja jetzt ein zweistufiges Verfahren. Also die Erzeuger nehmen am Day-Ahead-Markt teil und dann, je nach Situation, noch am Redispatch-Markt. Und wenn jetzt Betreiber voraussehen, dass in ihrer Region Anlagen im Redispatch heruntergefahren werden, entsteht für sie ein Anreiz, auch mit Anlagen am Day-Ahead-Markt einen Zuschlag zu bekommen, mit denen sie eigentlich gar nicht produzieren wollen. Sie können dann im Redispatch den Zuschlag bekommen und ihre Energie wieder zurückverkaufen und am Ende gar nicht liefern, was sie eigentlich auch wollen. Aber sie behalten die Differenz aus dem Day-Ahead-Marktpreis und dem Redispatch-Marktpreis ein. Und auf der anderen Seite des Engpasses, wenn Betreiber voraussehen, dass in ihrer Region Anlagen im Redispatch hochgefahren werden müssen, dann können sie am Day-Ahead-Markt zurückhaltend bieten und lieber erst am Redispatch-Markt einen Zuschlag erhalten, weil dort dann der lokal höhere Preis in ihrer Region sich einstellen wird und dieses Verhalten nennt man Inc-Dec Gaming. Und es erhöht die über den Redispatch anzupassenden Mengen zusätzlich und es erhöht auch die Zahlungen, die für einen Redispatch nötig sind, und es verzerrt die Preise an den Strommärkten.

00: 14:55: Das heißt, das ist eigentlich nicht so vorteilhaft, auf diesen marktbasierten Redispatch umzusteigen?

00: 15:00: Wenn man sicher ist, dass man die Kosten gut kennt, ist besser, diese Information auch zu nutzen, dann ist der Redispatch günstiger. Wenn man die Kosten nicht kennt und auf den marktbasierten Redispatch angewiesen ist, muss man eben auf eine marktbasierte Lösung zurückgreifen.

00: 15:21: Aber wenn es jetzt besser definierte Bietzonen oder Knotenpreise gäbe, würde sich das ja auch weitgehend erübrigen mit dem Redispatch.

00: 15:30: Bei den vordefinierten Zonen, wenn sie geeignet definiert sind. Die werden aber eben vergangenheitsbasiert definiert und wir haben momentan große Veränderungen durch den ganzen Zubau der Erneuerbaren. Das heißt, das ist ein sehr statischer Ansatz. Wir brauchen jetzt viele Jahre, um eventuell die Zonen zu reformieren. Wenn sie denn einmal beschlossen sind, würde es wieder mehrere Jahre dauern, um sie wieder zu verändern. Und dann ist es eben schwierig zu reagieren, wenn die Engpässe sich auf einmal an anderen Stellen ergeben, als das in der Vergangenheit der Fall war. Das ist eben der Vorteil dieses Knotenpunktesystems. Die Engpässe werden innerhalb des Marktes identifiziert. Der Markt reagiert flexibel darauf. Mit dem Knotenpreissystem würde sich der Redispatch - könnte man drauf verzichten. Mit den Bietzonen, wenn sie gut gewählt sind, wenn die Redispatch-Maßnahmen auch reduzieren, aber wie gesagt, nur wenn diese statische Lösung eben auch langfristig die Engpässe gut widerspiegelt.

00: 16:40: Jetzt reden wir ja die ganze Zeit über Änderungen, die notwendig werden im Rahmen der Energiewende. Aber im ersten Halbjahr 2020 kamen immerhin noch 45 % des Stroms in Deutschland aus fossilen Quellen. Und in Zukunft sollen ja noch mehr Sektoren elektrifiziert werden, zum Beispiel Verkehr und Wärme. Und das heißt, es braucht noch mehr grünen Strom. Wie fördert die Bundesregierung denn den Ausbau der erneuerbaren Energien?

00: 17:06: In Deutschland wird der Ausbau der erneuerbaren Energien schon seit vielen Jahren gefördert. Wir haben seit dem Jahr 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz, aber wir hatten schon seit 1991 einen Stromeinspeisungsgesetz. Und diese Gesetze haben eben zum Ziel, dass der Ausbau der Erneuerbaren gefördert und verstärkt wird. Momentan und schon 2017 als Standard werden größere Anlagen nicht mehr mit festen Einspeisesätzen gefördert, sondern über ein wettbewerbliches System, in dem die Fördersätze über Auktionen festgelegt werden. In diesen Auktionen wird eine bestimmte zu installierende Kapazität ausgeschrieben und die Erzeuger, die Windanlagen oder in anderen Auktionen eben Solaranlagen bauen möchten, geben ihre Gebote ab, die aussagen, welchen Fördersätze sie verlangen. Die Gebote mit den niedrigsten Fördersätze erhalten dann den Zuschlag und werden für 20 Jahre lang gefördert. Eben für jede Energieeinheit, die sie ins Netz einspeisen, erhalten Sie diese Förderung und die Förderung funktioniert über eine einseitig gleitende Prämie in Deutschland. Das heißt, wenn der Strompreis unter dieser Prämie legt, wird die Differenz erstattet. Wenn der Strompreis über dieser Prämie liegt, bekommen die Anbieter den Strompreis und keine zusätzliche Förderung.

00: 18:38: Und was ist der Vorteil daran, diese Fördermittel per Auktion zu vergeben?

00: 18:43: Es ist unbekannt, welche Förderung, welche Förderhöhe nötig ist, um die Ziele zu erreichen und wenn man die Fördersätze über eine Auktion bestimmt, kann man eben sicherstellen, dass man den Fördersatz zahlt, der notwendig ist, um diese dieses Ausbauziel, eine gewisse Kapazität zu erreichen. Also in Europa ist es vorgeschrieben, dass man wettbewerbliche Verfahren macht, um eine Überförderung zu verhindern und sicherzustellen, dass wir dem Ziel angemessene Fördersätze auch bezahlt.

00: 19:19: Aber obwohl es diese Förderung gibt, ist der Ausbau der Erneuerbaren ja so ein bisschen ins Stocken geraten. Du hast auch dazu geforscht, dass bei Auktionen für Wind an Land teilweise weniger Stromkapazität geboten wurde, als überhaupt ausgeschrieben war. Woran liegt denn das?

00: 19:35: Gründe für diese geringe Teilnahme, das geringe Interesse in Erneuerbare zu investieren, insbesondere bei Wind an Land, wurde identifiziert, dass die Genehmigungsverfahren unsicher und langwierig sind, das Land um Windanlagen drauf zu bauen, gefehlt hat wegen Abstandsregelungen zu Siedlungen, aber auch zu militärischem Radar, wegen Natur- und Artenschutz und teilweise auch wenn der Zuschlag erteilt wurde, können noch Gerichtsverfahren folgen. Es gibt wenig Akzeptanz für Windanlagen und dadurch gibt es eben ein zusätzliches Risiko, dass man die Anlage trotz Zuschlag gar nicht bauen darf und die ganzen Kosten, die man schon hatte, für die Planungen ja eben nicht darin resultieren, dass man dann die Anlage auch bauen kann.

00: 20:34: Dann ging es in deiner Forschung ja auch um die sogenannte endogene Rationierung. Kannst du erklären, was damit gemeint ist?

00: 20:41: Diese sogenannte endogene Rationierung wurde als Lösungsansatz vorgeschlagen. Gerade für solche Auktionen, die unterzeichnet sind, also wenn weniger Kapazität angeboten wird als ausgeschrieben. Da wurde dann argumentiert, auch auf europäischer Seite, dass solche Auktionen dann zum Maximalpreis enden, die wieder antizipieren, dass kein Wettbewerb ist und bieten dann eben so hoch wie in einer Auktion erlaubt ist. Das ist in Deutschland auch genauso passiert. Dann wird argumentiert, dass dann die Förderung eben doch wieder administrativ festgelegt wurde durch das Maximalgebot in der Auktion und nicht im Wettbewerb festgelegt wurde. Und deshalb gab es diese Idee der endogenen Rationierung laut der man bei einer Unterzeichnung einer Auktion nicht alle Gebote bezuschlagt, sondern nur einen Anteil davon, zum Beispiel die niedrigsten 80 % der Gebote. Dadurch kann man sicherstellen, dass es immer mindestens ein nicht erfolgreiches Gebot gibt und kann dann wieder argumentieren, dass der Fördersatz im Wettbewerb festgelegt wurde. Wenn man aber Auktionen mit dieser Regelung analysiert, insbesondere im Zusammenhang mit diesen Erneuerbaren - Und in so einer Situation führt diese endogene Rationierung voraussichtlich zu einer großen Reduktion der Teilnahme. Sie verringert massiv die Anreize, an der Ausschreibung teilzunehmen. Das kommt daher, weil Bieter, die sich als relativ schwach einschätzen, nur bei einer Unterzeichnung von der Auktion überhaupt eine Chance auf einen Zuschlag sehen. Das Verfahren der endogenen Rationierung nimmt ihnen genau aber diese Zuschlagschance. Wenn sie die schwächsten Bieter in der Auktion sind und das unterzeichnen, bekommen sie keinen Zuschlag. Wenn sie jetzt diese Kosten der Vorbereitung haben, werden sie nicht an der Auktion teilnehmen, in der sie überhaupt keine Zuschlagschancen sehen. Wenn dann die anderen Bieter antizipieren, dass diese Schwachen wieder draußen bleiben, sehen die sich wieder als die schwächsten Bieter an und endogene Rationierung sorgt dafür, dass die auch keine Zuschlagschance mehr bekommen. Und es gibt dann einen Dominoeffekt, der zur Folge haben kann, dass wir eine sehr geringe Teilnahme nur noch in der Auktion haben. Dieses Problem des mangelnden Wettbewerbs, das die endogene Rationierung eigentlich adressieren sollte, wird dadurch nur verschärft.

00: 23:38: Was kann die Politik denn stattdessen dafür tun, dass es mehr Wettbewerb gibt?

00: 23:42: Sie hat schon einiges in Angriff genommen. Sie sollte eben Ansätze wählen, die unnötige Teilnahmekosten an der Auktion beseitigen und die Teilnahme attraktiver machen. Was sie schon anfängt umzusetzen, ist die Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Es soll Ausnahmen geben, bei Landschaftsschutzgebieten. Bei den gefährdeten Arten soll es artspezifische Prüfungen geben, die einheitlich geregelt sind, einfach auch, um diese Genehmigungsverfahren zu vereinheitlichen und dadurch auch zu beschleunigen. Die Regelungen zu militärischen Einrichtungen sollen überprüft werden und auch im Einzelfall geschaut werden, ob man wirklich 50 Kilometer Abstand zu gewissen Einrichtungen halten muss. Und 2 % der Fläche Deutschlands soll für Windanlagen zur Verfügung gestellt werden. Bis 2032 sollen also die Fläche mehr als verdoppelt werden von derzeit 0,8 % bzw 5,5 % nutzbarer Fläche. In dem Zuge bekommen die Bundesländer auch Flächenziele vorgegeben. Das Ganze muss aber schnell umgesetzt werden. Wir haben sehr große, ambitionierte Ausbauziele. Deswegen müssen diese Hemmnisse sehr schnell abgebaut werden. Und es ist eben die Frage, wenn die Bundesländer diese Ziele nicht einhalten, wie schnell da eingegriffen werden kann.

00: 25:11: Du bist auch Teil einer Gruppe, die zum Thema Energiesysteme der Zukunft ein Impulspapier erarbeitet hat. Das heißt “Strommarktdesign 2030. Die Förderung der erneuerbaren Energien wirksam und effizient gestalten”. Worum geht es darin?

00: 25:27: In dem Impulspapier geht es eben auch darum, wie langfristig diese Förderung der erneuerbaren aussehen könnte, aussehen sollte. Das Jahr 2030 wird da angesprochen. Wohin bewegen wir uns und wie verändert sich die Situation und damit eventuell auch die Förderung? Werden wir weiterhin unser aktuelles Fördersystem beibehalten oder werden wir langfristig auf andere Fördermöglichkeiten setzen? Eine Möglichkeit ist zum Beispiel stärker auf den CO2-Preis zu setzen, der kommt den Erneuerbaren zugute, weil er sich in den Strompreisen widerspiegelt. Immer wenn die fossilen Kraftwerke den Preis bestimmen und wenn sie dann CO2-Rechte kaufen müssen und der CO2-Preis steigt, dann würde auch dieser Strompreis steigen. Aber die Kosten der Erneuerbaren würden gleich bleiben, sodass die Erneuerbaren davon profitieren könnten. Das wäre eine Möglichkeit, die über eine Bepreisung der eigentlichen Externalitäten, also des CO2-Ausstoßes, die Erneuerbaren indirekt gefördert werden könnten. Wenn es so wäre und der Strompreis und damit die Erlösmöglichkeiten steigen würden, dann würde im derzeitigen System diese einseitig gleitende Prämie von selbst verschwinden. Wenn Anlagen auch ohne Förderung wirtschaftlich sind und dann in den Auktionen eben immer niedriger bieten würden und irgendwann null Förderung verlangen würden.

00: 27:14: Zum Abschluss würde ich dich gerne noch um deine Einschätzung bitten. Die Leitfrage für diesen Podcast lautet ja: Welches Marktdesign braucht die Energiewende? Was würdest du sagen? Welche Schritte sind jetzt dafür notwendig?

00: 27:27: Wir brauchen sehr viel erneuerbaren Zubau, wenn wir die Ziele erreichen möchten. Also müssen wir die Investitionen in Erneuerbare attraktiv machen, insbesondere durch die Reduzierung von Hindernissen in diesen langwierigen Genehmigungsverfahren und den Flächenbeschränkungen. Wir müssen in die Netze investieren, dass wir auch die nötige Flexibilität haben, mit dieser variierenden Erzeugung umzugehen. Wir müssen Speicherkapazitäten schaffen und die Nachfrage auch stärker integrieren. Also Preisinformationen bieten, am besten zeitpunktgenau und ortsunabhängig, damit die Nachfrage auch richtig reagieren kann. Wir brauchen die technischen Voraussetzungen dafür, zum Beispiel Smart Meters. Man braucht einen Marktzugang, zum Beispiel Aggregatoren, die für Elektroautos den Handel und die Flexibilität organisieren. Wir brauchen Bereitschaft und Anreize, auf Seiten der Nachfrager auch flexibel zu reagieren. Und gerade auch bei der Industrie brauchen wir auch Anreize für Nachfrageflexibilität. Bei der energieintensiven Industrie zum Beispiel, wo die bisherigen Netzentgelteregelungen hierfür eher kontraproduktiv sind. Diese Schritte müssen alle angegangen werden und sollten frühzeitig angegangen werden, damit wir diesen massiven Ausbau, den wir vorhaben, auch frühzeitig mit den entsprechenden Maßnahmen flankieren.

00: 29:03: Das wäre gut, da liegt ja noch eine Menge vor uns. Vielen Dank, Marion, für das Gespräch.

00: 29:09: Vielen Dank.

00: 29:11: Danke auch fürs Zuhören beim ZEW-Podcast. Wenn euch der Podcast gefällt, freuen wir uns über eure positive Bewertung auf Spotify oder Apple Podcasts. Habt ihr Fragen oder Anmerkungen? Dann schreibt gern eine Mail an podcast@zew.de. Wir sind gespannt auf eure Zuschriften.

00: Wirtschaft, Forschung, Debatten, ein ZDF Podcast.

Über diesen Podcast

Der Podcast des ZEW Mannheim.

von und mit ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

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