Wirtschaft · Forschung · Debatten

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00: 00:00: Es ist nicht so, wenn man eine neue Heizung kauft, wie wenn ich ein paar Schuhe kaufe. Dann gehe ich hin, ich probiere sie an und ich weiß dann, wie das ist. Das kann ich bei einer Heizung nicht machen, dann habe ich sie eingebaut und dann ist sie halt drin.

00: 00:09 Musik.

00: 00:11 Wirtschaft, Forschung, Debatten. Der Podcast des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung.

00: 00:21 Wenn von der Energiewende die Rede ist, dann denken wir oft an die Erzeugung von Strom. Energie brauchen wir aber auch zum Heizen, für Raumwärme und heißes Wasser. Immer noch nutzen etwa 70 Prozent der Haushalte in Deutschland fossile Brennstoffe als Energiequelle zum Heizen. Umrüstungen auf erneuerbare Heizungsanlagen müssen Hausbesitzerinnen und Besitzer selbst vornehmen. Das macht es für die Politik zur Herausforderung die Wärmewende zu steuern.

00: Mein Name ist Carola Hesch und in dieser Folge des ZEW Podcasts geht es darum, wie die Wärmewende gelingen kann. Zu Gast ist Umweltökonomin Kathrine von Graevenitz. Sie hat das erneuerbare Wärmegesetz in Baden-Württemberg erforscht und untersucht, ob dadurch mehr klimafreundliche Heizungen eingebaut wurden. Wir sprechen darüber, welche Rolle Wärme für die Energiewende spielt und was die Umrüstung für Haushalte so kniffelig macht. Außerdem blicken wir darauf, wie gesetzliche Regelungen einen Sanierungstau auslösen können.

00: Herzlich Willkommen zum ZEW-Podcast. Hallo Kathrine.

00: 01:21 Hallo, ich freue mich hier zu sein.

00: 01:24 Das freut mich auch. Verrätst du mir was diese Woche schon auf deiner To-Do Liste stand?

00: 01:28 Oh Gott, lieber nicht. Da kam einiges zusammen. Aber auch was Schönes, nächste Woche geht es mal wieder auf Konferenz. Das erste Mal seit drei Jahren. Die Vorbereitung hat Spaß gemacht.

00: 01:37 Wo fährst du hin?

00: 01:38 Nach Italien, nach Rimini.

00: 01:42 Schön, dann schon mal viel Spaß dort.

00: 01:43 Danke.

00: 01:44 Wir sprechen ja heute über die Wärmewende. Welche Bedeutung hat denn das Thema Wärme für die Energiewende als Ganzes?

00: 01:54 Europaweit ist es so, dass Gebäude ungefähr 30 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs ausmachen. Und 40 Prozent der Co2-Emissionen von Verbrennung - und das ist natürlich ein erheblicher Anteil. Auch in Deutschland, wie du ja auch grade gesagt hast, ist weiterhin ein großer Anteil vom Energieverbrauch für Heizen und auch für Warmwasser bei Haushalten immer noch fossil. Und das ist natürlich eine Herausforderung, auch weil diese Installationen, wie sagt man, jedes Haus hat quasi eine, die die schon die Fernwärme angeschlossen sind, aber das sind in Deutschland relativ wenige, hat seine eigene Heizungsanlage. Und das heißt man kann das nicht so einfach durch die Stadtwerke steuern oder sowas, sondern da muss wirklich jeder einzelne Hausbesitzer dran und die Heizung austauschen.

00: 02:37 Das heißt alle Leute, die selbst so eine Heizung zuhause haben, müssen ihren Beitrag leisten für die Wärmewende?

00: 02:45 Ja, letztendlich müssen die ja die Heizung austauschen. Wir haben zwar inzwischen auch Austauschpflichten eingeführt für Gas- und Ölheizungen, die mehr als 30 Jahre alt sind. Das ist aber auch für eine Heizungsanlage schon sehr alt. Es ist generell so, dass ältere Heizungsanlagen weniger effizient sind und grade in Deutschland ist auch ein sehr großer Anteil von diesen älteren Anlagen fossil. Auch viele neuere Anlagen sind immer noch fossil. Auch weiterhin sind in den letzten Jahren zum Beispiel sehr viele Gasheizungen installiert worden.

00: 03:15 Ja, das wird jetzt natürlich teuer für die betreffenden Leute.

00: 03:20 Das ist in der jetzigen Situation natürlich nicht so gut. Aber in vergangenen Jahren war Gas vergleichsweise günstig, so dass das in vielen Fällen tatsächlich die attraktivste Option war, wenn man die Heizung austauschen musste.

00: 03:33 Und es galt ja auch als Brückentechnologie, um von Kohle und Öl wegzukommen.

00: 03:37 Das stimmt. Und das kann man ja sagen, das gilt immer noch als Brückentechnologie. Aber das Problem ist, dass wir irgendwann unsere Emissionen auf Netto-Null bringen, also dass die Emissionen, die noch bleiben, auch wieder eingefangen werden. Also Carbon-Capture and Storage, dass man die irgendwo einsperren kann, dass sie nicht in die Atmosphäre gelangen und so zum Klimawandel beitragen. Denn wir haben ja am Ende das Ziel, dass wir die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad halten möchten und das Ziel wird jetzt schon von vielen in Frage gestellt. Was ich gehört hatte von Experten, war dass das 2-Grad Ziel wahrscheinlich noch erreichbar ist, das 1,5-Grad Ziel aber schon lange nicht mehr.

00: 04:19 Was wären denn Beispiele für erneuerbare Energiequellen?

00: 04:22 Es gibt mehrere unterschiedliche Möglichkeiten, wenn der Strom durch erneuerbare Energien erzeugt wird. (Es) gelten zum Beispiel Wärmepumpen als erneuerbar, weil sie ja durch Strom betrieben werden. Darüber hinaus gibt es aber auch andere Technologien, wie zum Beispiel Solarkollektoren auf dem Dach für Warmwasseraufbereitung. Und dann gibt es natürlich auch Biomasse, also Pelletheizung zum Beispiel, die man nutzen kann für erneuerbare Energien. Und die Sache ist ja die, dass wir jetzt in Deutschland das Ziel gesetzt haben, dass wir schon bis 2045 klimaneutral werden wollen. Das heißt jede Heizung, die jetzt eingebaut wird, muss eigentlich erneuerbar sein, sonst erreichen wir dieses Ziel nicht mehr.

00: 05:00 Aber das ist bisher nicht der Fall, oder?

00: 05:02 Das ist bei weitem nicht der Fall, genau. Und da gibt es ja auch schon Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, dass in Deutschland mehr Erneuerbare genutzt werden. Im Neubau gibt es schon seit vielen Jahren ein Gesetz, das fordert, dass man einen gewissen Anteil an erneuerbaren Energien für die Wärmeerzeugung im Haushalt nutzt. Bei Bestandsgebäuden ist es eher ein Problem, da ist es in Deutschland so gewesen, dass es nicht diese Anforderungen wie für den Neubau gab. Außer in Baden-Württemberg, wo ein Sondergesetz, das baden-württembergische EWärmeG eingeführt wurde. Das hat auch einen erneuerbaren Pflichtanteil für Bestandsgebäude eingeführt, wenn die Heizung ausgetauscht wird.

00: 05:45 Genau, das ist ja das Gesetz, um das sich eure Studie dreht. Was besagt dieses Gesetz denn genau, also was muss man da machen?

00: 05:52 Genau, das Gesetz ist seit der Einführung schon novelliert worden, aber in der ursprünglichen Version, war das so, dass man beim Heizungsaustausch im Bestand mindestens 10 Prozent der erneuerbaren Energien für die neue Heizung, die eingebaut wurde, nutzen musste. Und dann gab es verschiedene Erfüllungsoptionen. Also zum einen zum Beispiel Wärmepumpen, die Biomasseheizungen von denen wir schon gesprochen haben. Solaranlagen haben auch dazugezählt, wurden angerechnet, auch wenn das für die Stromerzeugung gedacht war. Und dann konnte man natürlich auch die Solarthermie-Rezeptoren nutzen. Darüber hinaus konnte man auch dämmen, die gewöhnlichen Anforderungen, also wenn man mehr dämmt als man müsste, haben auch dazu beigetragen diese Standards einzuhalten. Zudem gab es tatsächlich auch die Möglichkeit mit Biogas und Bioöl zu heizen. Man konnte eine Gasheizung wieder einbauen, als Ersatz für die alte Heizung und dann mit 10 Prozent Biogas befeuern und das hat auch gereicht.

00: 06:53 Biogas und Bioöl sind dann aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen?

00: 07:01 Ja, zum Beispiel aus Mais genau. Da gibt es Diskussionen, weil das ja in der Regel, zumindest jetzt noch, die erste Generation ist. So nennt man das, also das ist dann zum Beispiel Mais vom Feld. Und da gibt es ja immer Diskussionen, ob das Feld nicht für was anderes hätte genutzt werden können. In der zweiten Generation redet man dann zum Beispiel von Müllprodukten, die Bio-Brennstoffe erzeugen, also aus Stroh was sonst nicht verwendet wird zum Beispiel. Daraus kann man die Brennstoffe schaffen, ohne dass es für diese Fläche einen alternativen Nutzen gäbe.

00: 07:36 Ihr habt euch ja dieses Gesetz angeschaut und untersucht, wie es sich ausgewirkt hat. Mit welchem Gedanken seid ihr denn da ran gegangen?

00: 07:47 Ja wir fanden das interessant zu sehen, wie so ein Standard funktioniert, auch weil es wie eben erwähnt, sehr viele Erfüllungsoptionen gab. Das heißt es war zwar ein Standard, oder das sind ordnungsrechtliche Maßnahmen, das heißt, man ist dann verpflichtet etwas zu tun. Dann würde man auch erwarten, dass die Leute das dann tun. Aber so ein Standard kann halt mehrere Effekte haben, also einerseits würden wir erwarten, dass mehr erneuerbare Anlagen genutzt werden oder installiert werden in Baden-Württemberg. Andererseits könnte man aber auch erwarten, dass durch die höheren Kosten beim Heizungsaustausch, manche Leute dann diese Entscheidung verschieben und sagen, dann tausche ich dieses Jahr meine Heizung nicht aus, sondern lasse die alte Heizung noch ein Jahr laufen oder zwei. Und dann später, wenn es dann nicht mehr geht, muss ich sie ja sowieso austauschen. Wir hätten zwei Effekte erwartet von diesem Gesetzt. Und das wollten wir gerne empirisch untersuchen. Was dann tatsächlich passiert ist und da sind wir schon ein bisschen in Probleme geraten, weil die Datenlage, um sowas zu untersuchen, also die Informationen, welche Heizungen sind wo installiert und welche neuen Heizungen kommen dazu, die gibt es eigentlich nicht so auf der Haushaltsebene, wie wir das gerne hätten. Zum Beispiel von derartiger Statistik im Gebäudezensus oder sowas. Da wäre es schön, wenn sie sowas abgefragt hätten. Das steht zwar drin was für eine Heizung es in einem Gebäude gibt, aber nicht wie alt diese Heizung ist zum Beispiel. Und wir müssen dann ein bisschen kreativ werden und hatten dann das große Glück, dass es bei einem Förderprogramm für Erneuerbaren Heizungstechnologien möglich war an die Daten der genehmigten Anträge zu kommen. Das heißt wir haben für dieses Projekt Daten von der BAFA bekommen von ihrem Marktanreizprogramm. Das ist ein relativ großes Förderprogramm, also wenn man eine neue Pelletheizung einbauen möchte, könnte man dort Förderung beantragen. Das Gleiche gilt für Wärmepumpen und für Solarthermieanlagen und wir hatten dann diese Daten vom BAFA bekommen und konnten anhand dieser Daten dann tatsächlich schauen, weil dieses Programm bundesweit ist. Dann konnten wir Baden-Württemberg mit den Nachbarländern vergleichen, weil dieses Gesetz ja nur in Baden-Württemberg gilt, also das EWärmeG. In den Nachbarländern gab es keine vergleichbare Regelung für Bestandsgebäude. Es gibt für Neubauten wie gesagt, dass EEWärmeG, hieß es damals was die Neubauten verpflichtet hat erneuerbare Energien zu nutzen und das gilt bundesweit. Aber für Bestandsgebäude gilt eben nur in Baden-Württemberg dieses Gesetz und das war dann auch so dass in dem Förderprogramm Änderungen unternommen worden sind nach der Einführung von EEWärmeG hat man gesagt in Neubauten sind diese erneuerbaren Heizungen nicht mehr förderfähig, sodass wir dann quasi ab 2010 nur Bestandsgebäude in den Daten hatten. Und das wäre für uns eigentlich hilfreich, weil das ja die Frage war, die wir uns gestellt haben. Was passiert in den im Gebäudebestand.

00: 10:46 Und die Idee war dann, dass die Leute, die wegen diesem Gesetz in Baden-Württemberg ihre Heizung austauschen, dass sie dann aber trotzdem Subventionen beantragen und ihr dann praktisch auf diese Daten zugreifen könnt?

00: 10:58 Genau, also unsere Hypothese war und ist, dass - diese Hypothese können wir ja leider nicht untersuchen, weil wir ja nicht sehen wer nicht diese Anträge gestellt hat - aber wir würden erwarten, dass das die meisten tun, weil die Hauptinformationsquelle für diese Fördermöglichkeit sind tatsächlich die Handwerker, die Energieberater und die Heizungsinstallateure. Die kennen dieses Förderprogramm und die sind auch direkt beteiligt an der Antragstellung. Das heißt wir würden erwarten, dass die Leute die Heizungen austauschen, spätestens von den Handwerkern erfahren, dass es diese Fördermöglichkeiten gibt. Und da die erneuerbare Heizungstechnologien teurer sind als die fossilen Alternativen, würden wir erwarten, dass die Leute diese Möglichkeit nutzen würden und tatsächlich Anträge stellen würden. Es gibt mehrere Evaluationsstudien vom dem Marktanreizprogramm, an denen man sieht das wirklich ein sehr hoher Anteil an den eingebauten Anlagen über die Zeit durch dieses Programm gefördert worden sind. Deswegen war oder ist unserere Meinung weiterhin, dass dieses Programm eigentlich ganz gut abbildet, was für Aktivitäten es in dem Bereich gibt.

00: 12:10 Was habt ihr dann herausgefunden beim Vergleich zwischen Baden-Württemberg und den Nachbarbundesländern?

00: 12:16 In der Studie haben wir die Grenzregionen in Baden-Württemberg mit Grenzregionen in Nachbarländern verglichen. Das haben wir getan, weil es ja mehrere Faktoren gibt, die eine Rolle spielen könnten. Also wenn Leute in Baden-Württemberg umweltfreundlicher sind als Leute in Bayern. Man könnte ja sagen, weil wir ja schon seit längerer Zeit eine grüne Regierung haben, würde man vielleicht erwarten, dass da auch die politische Einstellung ein bisschen anders ist. Dafür wollten wir gerne kontrollieren. Wir wollen gerne dafür kontrollieren, dass auch die natürlichen Ressourcen, die man für erneuerbare Heizungsanlagen braucht, also Sonne zum Beispiel oder auch Holz für Pelletheizung, dass das in ähnlichem Umfang vorhanden war, sodass wir nicht den Schwarzwald vergleichen mit irgendwas, wo gar kein Wald ist. Und dann wollten wir auch gerne versuchen dafür zu kontrollieren, dass die gleichen Handwerker tätig sind. Deswegen haben wir uns auf die Gemeinden konzentriert, die entlang der baden-württembergischen Grenze liegen. Dann haben wir die bewilligten Anträge in diesen Gemeinden verglichen und mit bewilligten Anträgen auf der anderen Seite der Grenze in den Gemeinden, die vergleichbar sind. Wir haben sogar noch dafür kontrolliert, wie zum Beispiel die Gebäudezusammensetzungen in den Gemeinden sind.

00: Auf das Alter und auch den Anteil der Eigenheimnutzer und so weiter. Damit es möglichst vergleichbar ist, sodass nichts anderes diesen Effekt treibt. Und wenn wir das tun, dann finden wir tatsächlich, dass die Einführung des EWärmeG dazu geführt hat, dass mehr erneuerbare Heizungsanlagen eingebaut worden sind, aber nicht so viele. Also im Durchschnitt ungefähr zwei mehr pro 1000 antragsberechtigte Gebäude. Und wenn man sagt, dass wir in Deutschland eine Sanierungsrate von ungefähr ein Prozent haben - das wird oft behauptet - dann wären das ja irgendwie 20 Prozent von diesen Gebäuden, die zusätzliche erneuerbare Heizungen eingebaut bekommen haben, die sie sonst nicht bekommen hätten. Das ist eigentlich nicht so viel. Wir finden in der Studie, dass dieser Effekt größer ist in Gemeinden, wo vorher sehr wenige erneuerbare Heizungsanlagen waren. Also da hat dieses Gesetz einen größeren Effekt gehabt. Da kann man natürlich drüber nachdenken, warum ist das so. Es könnte sein, dass in den Gemeinden einfach noch keine Erfahrungen gesammelt worden sind. Es gibt ja oft bei neuen Technologien einen Lerneffekt. Die Leute sind vielleicht am Anfang skeptisch wollen erst wissen, wie funktioniert das denn überhaupt? Reicht eine Wärmepumpe für so ein Haus wie meins oder reicht eine Pelletheizung. Und dann wartet man, bis man jemanden kennt der so eine hat und dann verbreitet sich das. Deswegen macht es eigentlich Sinn, dass der Effekt größer ist in Gemeinden, wo diese Technologien sehr wenig verbreitet waren. Aber wir waren trotzdem ein bisschen überrascht, dass der Effekt nicht größer ist und haben dann noch überlegt, woran das liegen könnte. Ich hatte ja bereits erwähnt, dass wir am Anfang zwei Effekte erwartet haben, also einmal dieser erhöhte Einbau oder steigende Einbau von erneuerbaren Heizungsanlagen. Andererseits aber auch, dass ein Sanierungsstau entstehen kann. Um dieser zweiten Frage nachzugehen, da haben wir dann auf Schornsteinfeger-Daten zugegriffen. Die Schornsteinfeger, die sammeln Daten, die müssen ja Heizungsanlagen warten und kommen deswegen in jedes Heim, wo so eine Heizungsanlage ist und schauen, dass alles noch in Ordnung ist. Auch aus Sicherheitsgründen, dass da jetzt keine Kohlenmonoxidvergiftung oder irgendwas passieren kann. Deswegen kommen sie regelmäßig und diese Schornsteinfeger sammeln dann die Informationen über das Alter der Anlage und so weiter. Die Informationen gibt es also, aber die sind nicht verfügbar so auf Einzelhaushalt-Ebene, sondern man bekommt die dann auf Landesebene. Wir haben sie vom Schornsteinfeger-Verband auf Landesebene bekommen und so konnten wir sehen wie die Altersverteilung der Heizungsanlagen für Öl- und Gasheizung in der Größenklasse, die man normalerweise zum Beispiel in Ein- und Zweifamilienhäusern benutzt, wie diese Altersverteilung ist in Baden-Württemberg. Dann haben wir aus den anderen Bundesländern eine sogenannte synthetische Kontrolle geschaffen, also ein synthetisches Baden-Württemberg. Das funktioniert so, dass man sich anschaut welche Bundesländer sind vergleichbar mit Baden-Württemberg und dann gewichtet man die Bundesländer unterschiedlich je nachdem wie vergleichbar sie sind. Hier zum Beispiel ist Hessen sehr vergleichbar mit Baden-Württemberg. Also am Ende haben wir gesehen, obwohl wir auch alle 16, oder auch alle 15 Bundesländer ohne Baden-Württemberg angesehen haben, dass hauptsächlich die Nachbarländer vergleichbar sind. Was ja irgendwie auch Sinn macht, Intuition hinter der ganzen Studie sozusagen. Aus diesen Nachbarländern haben wir ein synthetisches Baden-Württemberg erstellt und die Altersverteilung der Heizung im synthetischen und dem faktischen Baden-Württemberg verglichen, so dass sie ähnlich ist. Das ist diese Methode. Und dann haben wir gesehen über die Zeit ab 2010, welche Heizung wurden ausgetauscht, also wie hat sich die Altersverteilung geändert über die Zeit im echten Baden-Württemberg und im synthetischen Baden-Württemberg. Da sehen wir tatsächlich, dass wir erwartet hätten, dass vielmehr Heizungen ausgetauscht worden wären, als es tatsächlich der Fall ist. Also wir hätten erwartet, dass in Baden-Württemberg mehr Heizung ausgetauscht werden und das deutet darauf hin, dass es eben auch diesen Sanierungsstau gegeben hat. Leider kann man sich genauer sagen, weil die Datenlage einfach nicht besser ist, sodass es keine bessere Analyse ermöglicht. Aber es gibt auf jeden Fall Hinweise darauf, dass das ein Problem sein kann.

00: 17:57 Also das was ihr dann vermutet ist, dass die Leute, die ihre Heizung austauschen mussten, zum Beispiel weil sie kaputt gegangen ist, dass die dann erneuerbare Energien genommen haben, aber dass die anderen lieber noch länger gewartet haben?

00: 18:10 Genau, also die die konnten haben vielleicht noch ein bisschen gewartet, um zu sehen was passiert oder um abzuwarten, wie die Preise sich entwickeln. Das ist ja auch immer ein Faktor, weil am Ende hat man ja Kosten beim Einbau von einer Heizungsanlage, aber man muss auch bedenken, dass man Kosten über die ganze gesamte Laufzeit von der Heizungsanlage hat. Die meisten Heizungsanlagen sind ja so 15 bis 20 Jahre im Haus, manche noch länger. Es ist schon so, dass das eine relativ langfristige Entscheidung ist und deswegen spielt auch die Erwartung, wie sich die Preise in der Zukunft entwickeln eine wesentliche Rolle. In dem Zeitraum, den wir uns angesehen haben, sind die Gaspreise relativ niedrig gewesen. Es gab auch eine gewisse Erwartung, kann man schon sagen, dass die Gaspreise niedrig bleiben, so dass Gas weiterhin sehr attraktiv war als Option. Ich glaube, dass hat sich heute verändert. Ich glaube heute sind die meisten Leute eher ein bisschen skeptisch und würden gerne vom Gas weg, dass man nicht diese Unsicherheiten hat, auch wegen des Krieges und so weiter. Was passiert mit der Gasversorgung? Wir sind jetzt in der Alarmstufe, ja es sieht gerade nicht so gut aus.

00: 19:24 Jetzt schon alle Angst vorm Winter, ob wir frieren werden.

00: 19:27 Genau, also die Leute, die Pelletheizungen haben vielleicht nicht so sehr, auch wenn dort auch die Preise gestiegen sind.

00: 19:33 Du hast ja schon gerade gesagt, dass das Gas besonders günstig war. Kann denn die Förderung, die es für erneuerbare Energien gibt, da einen Unterschied machen, dass es doch reizvoller ist auf Erneuerbare umzustellen?

00: 19:46 Es gibt zwei Möglichkeiten über diese Anreize auf die Entscheidung einzuwirken. Eins ist die Fördermöglichkeit, wie du sagst, das ist richtig. Eine andere Möglichkeit ist aber auch den Preis von Gas zu erhöhen. Das haben wir ja tatsächlich auch gesehen, weil wir jetzt das nationale Emissionshandelssystem in Deutschland haben, wo es einen Co2-Preis gibt. Das war vorher nicht der Fall. Für die Nutzung bei Heizungen hatten wir das im europäischen Emissionshandelssystem. Was für die Stromerzeugung wirkt oder was die Stromerzeugung reguliert, und auch für die Nutzung oder die Verbrennung von fossilen Brennstoffen in der Industrie, aber halt eben nicht für die Verbrennung im Auto oder im Eigenheim. Ab 2021 gibt es durch das nationale Emissionshandelssystem auch eine Bepreisung in Deutschland von erstmal 25€. Dieses Jahr sind es dann 30€ pro Tonne Co2 und somit macht man ja auch Gas teurer und regt dazu an, zu wechseln auf etwas was keine Emissionen oder weniger Emissionen hat.

00: 20:50 Außer den hohen Kosten, gibt es da auch andere Gründe, warum Hausbesitzerinnen und Besitzer vielleicht zögern bevor sie sich so eine neue Heizungsanlage zulegen?

00: 20:52 Ich denke es ist in vielen Fällen auch eine gewisse Unsicherheit gegeben. Unsere Studie deutet darauf hin, dass es Lerneffekte geben kann. Und dass dieses Wissen über wie die erneuerbaren Heizungstechnologien funktionieren und dass sie gut funktionieren können, wesentlich ist. Wenn man sich ein bisschen unsicher ist, was für eine Haltung man einnimmt, das ist ja eine relativ große Entscheidung, weil man tauscht die Heizung nicht jedes Jahr aus. Deswegen sind solche Unsicherheiten auch wesentlich. Dann holt man sich einen Berater. Es gibt auch Förderung für Energieberater zum Beispiel. Aber es ist nun mal so, dass die meisten Leute sich nicht besonders gut damit auskennen die Preise vorherzusagen. Das ist ja selbst für Ökonomen schwer. Wir haben auch keine Glaskugel, wir wissen auch nicht, wie sich die Welt entwickelt. Das spielt eine wesentliche Rolle und dann ist natürlich auch die Frage, kriegt man gute Handwerker, die das ordentlich einbauen, so dass es gut läuft. Das spielt auch eine wesentliche Rolle, wenn die Wärmepumpe falsch eingebaut wurde. Überdimensioniert oder unterdimensioniert oder nicht richtig gewartet, dann führt das auch dazu, dass diese Wärmepumpe ineffizient ist und nicht gut läuft. Also mehr Energie verbraucht als nötig wäre. Es ist nicht so, wenn man eine neue Heizung kauft, wie wenn ich ein paar Schuhe kaufe. Dann gehe ich hin, ich probiere sie an und ich weiß dann, wie das ist. Das kann ich bei einer Heizung nicht machen, dann habe ich sie eingebaut und dann ist sie halt drin. Das heißt man ist abhängig von dieser Beratung, die man sich einholen kann und von den Ratschlägen, die man von Freunden und Verwandten bekommt.

00: 22:33 Das ist ja schon so ein bisschen das Nadelöhr jetzt, dass Leute schneller austauschen. Was könnte man da machen, weil in eurer Studie habt ihr gezeigt, dass es in Baden-Württemberg noch nicht so schnell geht mit dem Austauschen. Hast du da eine Idee?

00: 22:48 Was aus meiner Sicht hilfreich wäre an erster Stelle, wäre tatsächlich Daten zu erheben, wie die Sanierungsrate ist, weil diese 1-Prozent-Zahl, das hört man immer wieder, aber das ist eine Schätzung. Es gibt keine Daten, die dahinterstecken, wenn es die gibt, habe ich sie auf jeden Fall nicht gesehen. Ich hatte mal versucht Daten von den Energieausweisen zu bekommen, weil man anhand der Energieausweise zumindest ein bisschen Einblick bekommen könnte, wie denn eigentlich die Situation im Gebäudebestand ist. Aber die Daten gibt es nicht für die Forschung. Das ist generell ein Problem in der Energiewende, dass wir nicht die Daten haben, die wir brauchen, um evaluieren zu können was für Politikmaßnahmen funktionieren, welche nicht so gut funktionieren, wo das Problem liegt, das kann man ohne Daten nur schwer sagen. Man kann natürlich viele Experteninterviews durchführen. Das wird auch gemacht, aber ich glaube, für die Gesellschaft, für die Politik, für uns alle eigentlich, wäre es einen großen Wert, wenn wir eine bessere Datenlage hätten. Und wenn wir besser diese Evaluationsgedanken in die Politik integrieren. Da wir auch wissen wollen was funktioniert, warum funktioniert das, warum funktioniert es eben nicht.

00: 24:02 Wenn ihr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Daten nicht habt, dann weiß die Politik ja auch nicht was sie tun soll, wenn ihr das gar nicht erforschen könnt.

00: 24:12 Genau, man macht ja dann irgendwas, aber es wird dann halt eben nicht richtig evaluiert. Man kann sagen, das Baden-württembergische EWärmeG hat sogar hier sehr gute Ansätze, denn es steht auch im Gesetz, dass die Maßnahmen, die, um das Gesetz zu erfüllen genutzt werden, dass diese auch berichtet werden müssen. Und an das Statistische Landesamt berichtet werden müssen. Leider steht aber keine Frist im Gesetz und das führt dazu, dass es einen sehr großen Stapel an Papieren irgendwo in der unteren Baubehörde in irgendwelchen Gemeinden gibt, die noch nicht registriert worden sind. Also im Prinzip hätte man irgendwann, oder in einigen Jahren könnten wir in Baden-Württemberg gucken was wurde tatsächlich genau gemacht und wo. Das könnte man ja dann mit unterschiedlichen anderen Daten zusammenführen und sehen, ob es Gemeinden sind, wo die Leute besonders viel Geld haben oder wo die Leute wo es besonders viele Mieter gibt. Also man könnte hier alle möglichen Faktoren mit einbeziehen, um besser zu verstehen welche Maßnahmen wo eingesetzt worden sind.

00: 25:17 Jetzt ist es ja so, dass Baden-Württemberg praktisch Vorreiter war, aber aktuell ist das Thema Wärmewende auch auf der Bundesebene angekommen. Im Koalitionsvertrag von Dezember steht der Zielwert von 65 Prozent erneuerbare Energien für neu eingebaute Heizungen ab 2025 und mit dem sogenannten Osterpaket nach Beginn des Krieges in der Ukraine wurde die Frist sogar noch mal um ein Jahr verkürzt, jetzt ist 2024 angepeilt. Ist das denn überhaupt realistisch?

00: 25:48 Ich denke schon, dass es realistisch ist, denn die Technologien sind vorhanden. Was man befürchten kann ist, dass es wieder einen Sanierungsstau geben kann. Jetzt sind es ja deutlich mehr als 10 Prozent. 10 Prozent schafft man relativ schnell, kann man so sagen, also da braucht man eine Solaranlage auf dem Dach und dann ist es damit irgendwie getan. 65 Prozent ist eine ganz andere Größenordnung, aber wie gesagt also, es gibt die Technologie. Wärmepumpen sind da, es gibt Pelletheizung, Solarthermieanlagen. Man kann die auch kombinieren. Die unterschiedlichen Möglichkeiten, das ist glaube ich eher nicht das Problem. Momentan ist das Problem eher die Handwerker zu finden, die Zeit haben die Arbeit zu machen und dann natürlich auch die Zusatzkosten. Es gibt Förderungen, ja das stimmt, und es gibt auch durch die steigenden Preise einen deutlich höheren Anreiz die alte Gasheizung auszutauschen als es vorher der Fall war. Deswegen bin ich eigentlich zuversichtlich, es wird schon kommen. Es gibt aus meiner Sicht eher so ein paar praktische Herausforderungen, die dazu führen könnten, dass es ein bisschen länger dauert. Und es ist natürlich so, dass jede Tonne Co2, die jetzt imitiert wird einen Effekt auf den Klimawandel hat. Also wir wollen möglichst schnell reduzieren. Das ist schon wichtig, nicht nur das reduziert wird, sondern auch wann reduziert wird.

00: 27:05 Und hättest du einen Tipp für die Bundesregierung, was sie vielleicht tun könnte, um möglichst schnell zu reduzieren?

00: 27:13 Ich finde sie sind eigentlich auf einem guten Weg. Also, wie gesagt, die Co2- Bepreisung auch im Gebäudebereich, das ist schon sehr wichtig, dass man das eingeführt hat. Jetzt gab es natürlich Diskussionen, weil ein großes Problem in dem Bereich ist natürlich auch die Verteilungsfrage. In Deutschland haben wir sehr viele Mieter. In den meisten anderen europäischen Ländern sind die Hauseigentümer ein deutlich größerer Anteil. Aber in Deutschland sind es fast Hälfte/ Hälfte. Das heißt es gibt es sehr viele Mieter in Deutschland und die Mieter können ja schlecht die Heizung austauschen in ihrer Mietwohnung. Die können die Heizung runterdrehen. Die können auch nicht wirklich dämmen. Also da gibt es ganz viele Sachen, die bedeuten, dass die Mieten ein bisschen eingeschränkt sind, in dem was sie tun können. Andererseits ist auch die Frage, ob der Vermieter die Kosten wieder über die Mieter einholen kann, wenn er saniert, so dass die Kosten tatsächlich gedeckt sind. Man hat jetzt entschieden die Co2-Kosten, die für Mieter und Vermieter für die Heizung anfallen, aufzusplitten. Je nachdem wie energieeffizient das Gebäude ist, was vermietet wird. Also je ineffizienter das Gebäude ist, je höher ist der Anteil für den Vermieter. Damit der Vermieter, obwohl er nicht selbst die Heizung nutzt, immer noch einen Anreiz hat, die Heizung in was Effizienteres auszutauschen und das Gebäude zu dämmen und so weiter. Also ich glaube die Bundesregierung macht in diesem Sinne schon vieles richtig. Es hat sehr lange gedauert bis da tatsächlich richtig was gemacht wurde für den Gebäudebestand, aber jetzt ist es im Kommen.

00: 28:46 Das klingt ja schon recht zuversichtlich. Kommen wir zum Ende, was mich noch interessieren würde, du bist selbst gerade dabei ein Haus zu sanieren. Fällt dir das Thema Heizung jetzt leichter, wo du dich so intensiv in der Forschung damit beschäftigt hast?

00: 28:58 Jein würde ich sagen. Einerseits ja, weil ich weiß, dass es auch Förderprogramme für Energieberatungen gibt und für Baubegleitung durch Energieberater. Ich glaube, ich bin so relativ gut informiert im Vergleich zum Durchschnittsverbraucher. Andererseits ist es mir dann natürlich auch bewusst wie wichtig die Entscheidung ist und was die Konsequenzen sind. Und vor allem auch, dass die Qualität der Handwerker, sowohl bei der Energieberatung als auch beim Einbauen und Wartung von der Heizungsanlage wesentlich ist. Und da bin ich natürlich als Ökonom völlig überfordert, weil ich kann das überhaupt nicht einschätzen. Ich bin kein Ingenieur und ich bin ja kein Handwerker in dem Sinne. Dann muss man sich darauf verlassen, dass man gute Leute findet oder empfohlen bekommt, damit tue ich mich manchmal ein bisschen schwer. Wobei ich glaube für mein Projekt habe ich schon die richtigen Leute gefunden.

00: 29:48 Das ist schön zu hören. Vielen Dank, Kathrine, für das Gespräch.

00: 29:51 Danke dir, Carola.

00: 29:58 Danke auch fürs Zuhören beim ZEW-Podcast. Wenn euch der Podcast gefällt, freuen wir uns über eure positive Bewertung auf Spotify oder Apple Podcast.

00: Und noch eine Bitte, wir entwickeln momentan unseren Podcast weiter, dabei bräuchten wir eure Hilfe. Wir freuen uns, wenn ihr uns in einem kurzen Online-Gespräch Feedback zu diesem Podcast gebt. Meldet euch einfach per Mail an podcast@zew.de.

00: 29:05 Musik.

00: 29:07 Wirtschaft, Forschung, Debatten. Der Podcast des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung.

Über diesen Podcast

Der Podcast des ZEW Mannheim.

von und mit ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

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